Sonntag, 18. September 2011

Von Köln nach Aachen. Das Abenteuer liegt direkt vor der eigenen Nase!


Am 08.08.2011, (übrigens ein interessantes Datum in meinen Augen) kann ich nun offiziell sagen, dass mein Kreativwandern begonnen hat, nachdem ich es nun seit dem 18.Mai 2011 getestet habe. Die Testphase konnte in den drei ersten Testcamps erfolgreich vonstatten gehen. Vieles konnte ich dadurch über diese Lebensweise lernen und vielfältige Erfahrungen machen. Nun ist das ständige Lernen natürlich nicht durch den Abschluss der Testphase beendet, sondern geht natürlich in der nun beginnenden Kreativwanderei weiter, worauf ich mich sehr freue.
So wanderte ich mit meinem Wohnbollerwagen von Köln Richtung Kerpen. So richtig gewandert bin ich mit meinem neuen Material nun auch noch nicht so wirklich, es fängt ja alles erst an. Das Gewicht des Bollerwagens ist auf die Dauer wandertechnisch erstmal eine „Nuss die es zu knacken gilt“. Festzustellen ist, dass ich langsamer unterwegs bin als ein durchschnittlicher Wanderer. Ich empfand mich sogar größtenteils als den langsamsten aller Verkehrsteilnehmer. 10 bis 15km Tagesleistung schaffe ich in den ersten Tagen. Die Augustwochen waren recht regnerisch, so dass ich stets mein Regenzeug parat halten musste und der Bollerwagen musste regendicht verzurrt sein. Die erste Nacht übernachtete ich in einer Waldhütte.


Dazu habe ich meine Hängematte unter dem Dachgiebel befestigt. Das war mir recht, da es in strömen regnete. Ein kleines Abendessen, einen heißen Tee um sich in dann in den Schlafsack zu zwängen um gemütlich bei Regengeräusch und guter Waldluft einzuschlafen.
Am nächsten Tag wachte ich auf und wurde vom folgenden Naturschauspiel begrüßt: strahlende Sonne erhellte den regennassen Wald, so dass es einem vorkam, als ob jeder Wassertropfen strahlte. Ab und zu strich ein Windhauch durchs Blätterwerk, so dass Glitzerschleier aus feinen Wassertropfen zu Boden fielen. Die Vögel begrüßten eifrig den Morgen und ich, mich an der Schönheit des Momentes labend, genoss noch etwas die wärme meines Schlafsackes. Zusammenpacken eines Wanderlagers dauert bei mir bis zu 2 Stunden, musste ich feststellen, so dass ich manchmal erst gegen Mittag weiterwanderte. Am zweiten Tag baute ich ein Tarp auf dem Sportplatz des Gymnasiums Kerpen.


Am dritten Tag kam ich bis kurz vor Düren und schlief in einem Weiden-Linden-Dickicht.

Am vierten Tag kam ich beim Gürzenichsee an. Dort fand ich einen Lagerplatz direkt am See, der so gut war, dass ich beschloss dort 3 Tage zu bleiben, um ein „Waschlager“ daraus zu machen. Dort beschloss ich nicht nur meine komplette Wäsche mit Seewasser zu waschen, sondern auch meinen Schlafsack,



um ihn anschließend am Lagerfeuer zu trocknen. Eine heikle Maßnahme, die bis 2 Uhr in der Nacht andauerte. Zwar war der Schlafsack wieder sauber, doch ähnelte der Geruch eher einem Räucherschinken als frisch Gewaschenem. Dennoch ist das Ökowaschmittel Top!

Bei dem Lager am Gürzenichsee lernte ich, wie man ein Tarp im strömenden Regen abbaut, ohne dass das Gebrauchsmaterial nass wird. Der Bollerwagen muss komplett unterm Tarp gezurrt werden, bis die Plane als letztes abgenommen wird, so dass man sich erst dem Regen aussetzt, wenn der Bollerwagen dicht ist. Das Tarp selbst, bzw. die Plane wird abschließend noch obendrauf gezurrt. Siehe da es funktionierte (-: Der Kampf mit den Gezeiten kann gelingen. Keine schlechte Erfahrung hierzulande.
Zwischen Köln und Aachen, kam ich bei der einen oder anderen Sehenswürdigkeit, wie dieses Schloss vorbei.

Jetzt wo ich auf den Geschmack von Seen gekommen war, wanderte ich weiter zum Blausteinsee bei Würselen, wo ich mein nächstes Camp aufschlug. Dort, nachdem ich mir am Feuer ein paar Bio-Bratlinge zubereitet hatte, welche mit etwas zuviel Öl anschließend doch zugegebenermaßen schwer auf dem Magen lagen, hörte ich in der stark zunehmenden Dunkelheit eine Stimme aus nächster Nähe, von Trommeln begleitet, die sich halb anhörte wie ein Gesang, halb wie ein Ritual oder gar ein Rezital. Von diesem magisch angezogen, kroch ich durchs Dickicht zur Quelle dieser Gegebenheit: am Rande des Wasser auf der Wurzel eines Baumes sitzend und gemütlich an dessen Stamm gelehnt, saß eine ältere Frau, die leicht wippend, trommelnd auf den See hinaus sang. Ich setzte mich vorsichtig zu ihr, ihr Ritual zwar nicht unterbrechend wollend fragte ich dennoch aus Neugier vorsichtig, was sie da täte. Ihre antwort war, dass sie zur Heilung der Natur des Blausteinsees hier sei, da hier in der Vergangenheit einiges Negatives vonstatten ging, welches seine Spuren in Form von unguten Energien hinterlassen hatte. Von dieser Antwort fasziniert, fragte ich, ob ich mit Walalaika Wanderjista meiner Ukulele dieses Ritual unterstützen könne. Auf ihre Zustimmung hin lief ich aufgeregt zu meinem Wohnbollerwagen, baute rasch mein Tarp auf um herumliegende Ausrüstung vom Abendessen vor dem potentiellen Regen dieses Abends zu schützen schnappte mir Walalaika, setzte mich zur Frau am Wasser und stieg in den Rhythmus ihres Gesanges mit ein. So saßen wir bis in die Nacht am Wasser und sangen Heilgesänge. Zwischenrein unterbrach unser Lied und sie fing an von sich zu erzählen, sie sei eine Schamanin und sie käme öfter hierher zum Seeheilen. Vieles erzählte sie mir über Ahnenkult, über spirituelle Wesen, über Tote. Dann tat sie etwas für mich, was ich gar nicht erwartet hatte. Sie rief die geistige Welt an, sie möge mir einen unsichtbaren Begleiter mit auf meine Wanderung schicken. Sollte ich in eine schwierige Situation kommen, solle ich diesen einfach Fragen, welchen Rat er mir in dieser oder jener Situation geben würde. Die Antwort würde er mir dann in Gedanken übertragen. Ich dankte ihr für diese selbstlose Tat. Als es zur Nacht hin immer kälter wurde, gingen wir beide wieder unserer Wege nachdem wir uns das Beste gewünscht hatten. Eine interessante Begegnung dachte ich mir, als ich müde nun zu meiner Hängematte schlich.
Am nächsten Tag wanderte ich weiter und nahm mir vor die Restlichen 15-20km, vom Blausteinsee bis Vetschau an einem Stück zu schaffen. Wie ich den ganzen Tag wanderte, blieben zur Dämmerung nur noch wenige Kilometer bis Vetschau und dem Hof 4 Linden, den ich als mein erstes Biohofhopping/Wwoofing-Ziel ausgewählt hatte, da traf ich  auf eine Gruppe von 4 Wegelagerern, 2 Frauen 2 Männer ungefähr in meinem Alter, die vor einer Bank sich  auf einer Decke zum Essen niedergesetzt hatten. In der Dunkelheit erkannte man reichlich wenig und ich war an ihnen nur mit einem einfachen Gruß grüßend fast schon vorbeigewandert, als einer sagte: „Hey, der hat ja dieselben Ortliebtaschen wie wir. Da drehte ich mich um und es entwickelte sich ein Gespräch zwischen uns, wo ich anfing meine Geschichte zu erzählen. Während ich erzählte wurde das Lächeln der 4 immer breiter bis es aus einem der vieren, der mit beachtlichen Dreadlocks ausgestattet war herausplatze, dass sie mir von ihnen nun fast dieselbe Story erzählen könnten, nur dass sie nicht per Pedes unterwegs seien, sondern per Rad wanderten. Ihr Ziel sei Portugal. Völlig überrascht von einer solch unerwarteten Begegnung an solchem Orte willigte ich erfreut auf ihre darauf folgende Einladung zum Essen ein. Nachdem wir in freudiger Runde uns stärkten und Wandergeheimnisse austauschten, beschlossen wir gemeinsam zu Lagern um die Begegnung am nächsten Morgen mit einem üppigen Brunch, sponsort by Pennymarkt abzuschließen. Diese 4 Radwandervögel waren ganz tolle Menschen und eine wunderbare Schicksalsfügung, denn die Energie zwischen uns war intensiv und stimmte einfach. Sie empfohlen mir doch mal aufs nächste Rainbowfestival zu kommen. Wer weiß, vielleicht könne man sich dort auf ein Wiedersehen freuen. Abschließend, schenkte ich ihnen jeweils einen kleinen Bergkristall aus meinem Edelsteinsäckchen und sang mit Lolita Dolores ein für mich an dieser Stelle extrem angemessenes Fahrtenlied, welches aus der Feder des finnischen Sängers Jukka Kuoppamäki stammt. Da dieses Lied in Französische, Englisch & Deutsch von lieben Menschen übersetzt wurde, sang ich es gleich in allen drei Sprachen:


Unterwegs zu neuen Horizonten
En chemin vers de nouveau rivages
On the way to find a new horizon
Unterwegs zu einer Neuen Welt
En chemin vers un Monde Nouveau
On the way o find a brand new world
Unterwegs zu einer neuen Freundschaft
En chemin vers une amitié neuve
On the way we’re looking for a friendship
Die die treue bis zum Ende hält
Et qui reste fiedèle jusqu’au bout
That will grow and last until the end

In der Ferne warten schon die Ziele
Et nos buts au lointain nous attendant
In the distance we can see the target
Tag um Tag sind wir schon näher dran
Jour pour jour nous nous en approchons
Day by day we’re closer to the goal
Unterwegs sind wir zum wahren Leben
En chemin vers la vie veritable
On the way we learn to find our own part
Jeden Tag es fängt von vorne an
Chaque jour nous la recomensons
Everyday beginning from the start

Denn das Leben ist zum Leben da
Car la vie est la pour être vécu
Your on earth to do your very best
Wenn die Sehnsucht ruft, sag ja, sag ja!
L’appèl l’entends-tu? Dis oui, dis oui!
When life calls your name, say yes, say yes!
Nur wer singt das Lied, das dass Leben singt!  
Seul celui qui chante de la  vie le refrain
Who sings the song that you hear life sing
Der weiß was der Morgen uns bringt
Saura ce qu’apporte le landemain
Will know what the future will bring.

Liebe Leser,

Eine Woche unterwegs zwischen Köln & Aachen und schon soviel erlebt, wo andere diese Strecke in einer Stunde mit dem RE1 absolvieren… Schon eine irgendwie andere zeitliche Dimension das Wandern, nicht wahr?
Am Tage nach diesen herrlichen Fügungen gelangte ich am Dienstag 16.August 2011 auf den Wwoofing & Selbstversorgerhof 4 Linden bei Aachen. Was mir dort widerfahren ist erzählt der nächste Post!